Gewebe aus Biotinte
Startschuss für neuen Sonderforschungsbereich / Transregio 225 – Plastische Chirurgie ist Projektpartner
Der neue Sonderforschungsbereich (SFB)/Transregio 225: „Von den Grundlagen der Biofabrikation zu funktionalen Gewebemodellen“ der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) fokussiert das noch junge Forschungsfeld des Bioprinting: den 3-D-Druck von gewebeähnlichen Strukturen. Dabei werden Zellen, Biomaterialien und Moleküle räumlich so angeordnet, dass funktionierendes Gewebe entsteht. Die Medizinische Fakultät ist mit der Plastisch- und Handchirurgischen Klinik, der Nephropathologischen Abteilung und dem Institut für Biochemie am SFB/Transregio beteiligt. Weitere Erlanger Partner sitzen an der Technischen und Naturwissenschaftschaftlichen Fakultät. Hauptprojektpartner sind die Universität und das Uni-Klinikum Würzburg ebenso wie die Universität Bayreuth. Die DFG stellt für die erste vierjährige Förderphase des SFB/Transregio rund zehn Millionen Euro zur Verfügung.
In der Plastischen Chirurgie wird seit Jahrzehnten zu künstlichem Gewebeersatz (Tissue Engineering) und zu regenerativer Medizin geforscht. Schwerpunkt dieser mehrfach geförderten wissenschaftlichen Arbeit sind dreidimensionale Gefäßschleifen – sogenannte arteriovenöse Loops (AV-Loops). Ein AV-Loop wird je über eine Arterie und eine Vene an den Blutkreislauf angeschlossen – rund um die Gefäßschleife sollen sich dann Blutgefäße ausbilden. Diese sind die Voraussetzung dafür, dass neu verpflanztes Gewebe durchblutet und mit Sauerstoff versorgt wird. Der AV-Loop ist in eine Matrix aus Fibrin eingebettet – ein Protein, das als natürlicher „Klebstoff“ dient. Die Fibrinmatrix selbst wird wiederum mit Vorläuferzellen angereichert, die die Gefäßneubildung fördern. „Bislang haben wir diese Zellen nur in die Fibrinmatrix eingebracht und dann beobachtet, was passiert“, erklärt Prof. Dr. Raymund Horch, stellvertretender Standortsprecher des SFB/Transregio 225 in Erlangen. „Dank Biofabrikation bekommen wir jetzt Kontrolle: Mit einem speziellen 3-D-Drucker können wir alle Materialien – von der Proteinmatrix bis zur Zelle – zeitgleich genauso anordnen, wie sie im späteren Gewebemodell platziert sein sollen, und das im Makro-, Mikro- oder Nanobereich.“
Entwicklung von Biotinte
An den drei Standorten Erlangen, Würzburg und Bayreuth wird nun unter anderem erforscht, wie sich die Vorläuferzellen während und nach dem Druckprozess verhalten. Ein Ziel ist es, „Biotinte“ zu entwickeln, die sicherstellt, dass Vorläuferzellen und Proteine während des Drucks überleben, sich auch nach dem Drucken positiv verhalten und sich idealerweise sogar steuern lassen. Die heute schon druckbaren Gewebemodelle sollen in den kommenden Jahren schrittweise verbessert werden. „Die Plastische Chirurgie ist die Schnittstelle zwischen den beteiligten Werkstoffwissenschaftlern und Physikern auf der einen und den Biologen auf der anderen Seite – wir bringen beide Seiten in Gewebemodellen zur Anwendung“, sagt Prof. Horch.
Langfristig birgt Gewebe aus dem 3-D-Drucker großes Potenzial: So könnte Biofabrikation etwa in der Grundlagenforschung Versuche am Tiermodell überflüssig machen und im nächsten Schritt Gewebeersatz – etwa für Krebspatienten oder Unfallopfer – generieren. Zu verstehen, wie die Neubildung von Gewebe und Blutgefäßen kontrolliert werden kann, bietet zudem Chancen für die Krebsforschung: Im gedruckten Modell könnten Wissenschaftler zukünftig die Mikroumgebung des Tumors nachahmen und beobachten – oder gar beeinflussen –, wie er das Wachstum von Gefäßen anregt oder wie Tumorzellen in andere Gewebe und Organe wandern.
Weitere Informationen
Prof. Dr. Raymund Horch
Tel.: 09131/85-33277