Neue Spezies am Uniklinikum Erlangen

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Für die Dokumentation geht oft viel Zeit drauf. Als PA kann Larisa Leonova ihre ärztlichen Kolleginnen und Kollegen dabei deutlich entlasten. Foto: Alessa Sailer/Uniklinikum Erlangen

Larisa Leonova ist die erste und bisher einzige Physician Assistant und berichtet über ihren Arbeitsalltag in der Neurochirurgischen Klinik

Larisa Leonova ist sozusagen eine neue Spezies am Uniklinikum Erlangen, denn sie ist die erste Physician Assistant (PA): Der relativ junge Beruf, der übersetzt so viel wie „Ärztliche Assistenz“ bedeutet, ist in Deutschland noch eher unbekannt, obwohl er eine wichtige Brücke zwischen Ärzteschaft und Pflege schlägt. Seit Januar 2024 ist Larisa Leonova offiziell als PA in der Neurochirurgischen Klinik (Direktor: Prof. Dr. Oliver Schnell) tätig. „Ich bin wirklich glücklich mit meinem Job und finde es super, dass ich tatsächlich die erste Physician Assistant hier am Uniklinikum geworden bin“, freut sich die 30-Jährige.

„2019 habe ich mein Studium in Weiden begonnen“, berichtet die junge Frau. Vier Jahre dauerte der Studiengang, den sie aufgrund von Corona weitestgehend online absolviert hat. Larisa Leonova wollte immer Medizin studieren. „Aber meine Noten waren nicht gut genug, deswegen habe ich mir Alternativen überlegt und bin über eine Bekannte auf das PA-Studium aufmerksam geworden“, sagt die ausgebildete Gesundheits- und Krankenpflegerin. In der Pflege arbeitete sie von 2015 bis zu ihrem Bachelorabschluss, während ihres Studiums dann auch in den Kopfkliniken des Uniklinikums Erlangen. Als der neue Direktor der Erlanger Neurochirurgie, Prof. Dr. Oliver Schnell, den Beruf PA ans Uniklinikum Erlangen bringen wollte, wurde Larisa Leonova als passende Kandidatin vorgeschlagen – mit Erfolg.

Entlastung für das ärztliche Team

Doch warum sollte man PAs einstellen? „Die Ärztinnen und Ärzte sind mit den vielen anfallenden Aufgaben oft überlastet“, erklärt die PA. „Vor allem in der Neurochirurgie sind sie viel im OP und haben entsprechend weniger Zeit für die Arbeit auf Station. Hier komme ich ins Spiel, um sie zu entlasten.“ Larisa Leonova übernimmt delegierbare Aufgaben der Ärzteschaft, etwa Dokumentationen, die stationäre Aufnahme von Patientinnen und Patienten einschließlich körperlicher Untersuchung und Anamnese. „Ich habe viel Patientenkontakt, das gefällt mir sehr“, sagt die junge Frau lächelnd. Je nach Einsatzbereich können PAs auch bei OPs assistieren oder in der Notaufnahme eingesetzt werden. Nicht zum Aufgabenspektrum gehören z. B. das Stellen von Diagnosen, die Gabe von Bluttransfusionen und die Therapieplanung. „Die Verantwortung übernehmen letzten Endes die Ärztinnen und Ärzte“, betont PD Dr. Daniel Delev, stellvertretender Klinikdirektor und Leiter des Physician-Assistant-Programms der Neurochirurgie. „PAs arbeiten natürlich selbstständig und treffen auch eigene Entscheidungen. Aber sie sind keine Ärzte und sollen diese auch nicht ersetzen, sondern das Bindeglied zwischen ärztlicher und pflegerischer Seite sein.“

Der Tag von Larisa Leonova beginnt stets um 7.00 Uhr morgens auf der neurochirurgischen Station 22. Dort begleitet sie die Ärztinnen und Ärzte bei der Visite, notiert anstehende Untersuchungen und geplante Entlassungen. Gegen 7.45 Uhr beginnt die Morgenbesprechung, bei der der Arzt bzw. die Ärztin aus dem Nachtdienst die Patientinnen und Patienten vorstellt, die zuletzt als Notfälle aufgenommen wurden. Anschließend nimmt die PA zunächst Blut ab und erledigt die stationären Aufnahmen. „Das sind etwa zwei bis vier Patientinnen und Patienten pro Tag“, sagt Larisa Leonova. „Ich erkläre ihnen den Ablauf bei uns. Zum Beispiel, dass sie vor der OP sowohl vonseiten der Neurochirurgie als auch von der Anästhesiologie aufgeklärt werden.“ Von 12.30 bis ca. 13.15 Uhr findet die Mittagsbesprechung statt, bei der die Physician Assistant die Patientinnen und Patienten ihrer Station vorstellt, die am nächsten Tag operiert werden. „Die Ärztinnen und Ärzte schauen sich dann noch einmal die Bilder an, etwa CT- oder Kernspinaufnahmen, sprechen die Eingriffe durch und alles andere, was sonst noch auf Station anfällt“, erläutert Larisa Leonova. Bis etwa 15.00 Uhr erledigt die PA dann noch Stationstätigkeiten wie die Organisation von Reha-Maßnahmen oder die Abfrage von Laborergebnissen, danach ist Feierabend. „Ich bringe meine Aufgaben natürlich noch zu Ende und übergebe die nötigen Infos an die Kolleginnen und Kollegen der Pflege und des ärztlichen Teams. Ich persönlich schätze es allerdings schon sehr, nicht mehr Schicht zu arbeiten.“

Brücke zwischen den Disziplinen

„Ich mag eigentlich alle meine Aufgaben. Die Abwechslung gefällt mir an dem Beruf besonders gut“, sagt die Physician Assistant. „Im Nachhinein bin ich gar nicht böse, dass das mit dem Medizinstudium nicht geklappt hat.“ Ihre ärztlichen Kolleginnen und Kollegen auf Station schätzen es sehr, dass sie bei den täglichen Aufgaben unterstützt. „PAs sind sozusagen die Vertretung für uns, denn Larisa ist immer bei der Visite dabei und bekommt alles mit. Auch wenn die Pflege mal nicht präsent sein kann, ist unsere PA immer ansprechbar. Sie bildet die Brücke zwischen den beiden Disziplinen“, betont die Ärztin Dr. Pamela Heiland. Bevor sie ans Uniklinikum Erlangen kam, machte sie in Freiburg bereits viele gute Erfahrungen mit dem Beruf Physician Assistant. Ihr Kollege Tim Vladimirov pflichtet ihr bei: „Wir merken, wenn unsere PA nicht da ist“, sagt er und lacht. „Sie hat den Überblick über alle Patientinnen und Patienten und Aufgaben auf Station. Larisa spart uns allen Zeit – dem Ärzteteam, den Patienten und deren Angehörigen. Dadurch ist sie eine echte Entlastung.“

PA-Programm der Neurochirurgie

Das Physician-Assistant-Programm sorgt für eine strukturierte Einarbeitung sowie eine kontinuierliche Fort- und Weiterbildung der PAs. „Wir haben aktuell nur Frau Leonova bei uns, aber eigentlich wünschen wir uns für jede unserer Stationen in der Neurochirurgie eine oder einen PA“, so Dr. Delev. Das PA-Programm hat er von seinem vorherigen Arbeitsplatz in Aachen mitgebracht, wo er die enormen Vorteile für die Stationsteams erlebt hat. „Aktuell übersteigt die Nachfrage nach PAs das Angebot an Absolventinnen und Absolventen“, bedauert Daniel Delev. „Aber vielleicht ist Frau Leonova bald nicht mehr die einzige PA bei uns – die Augenklinik ist zum Beispiel auch gerade auf der Suche nach Unterstützung.“

Weitere Informationen:

PD Dr. Daniel Delev
09131 85-34384 ​​​​​​​
nc-oa-sekretariat(at)uk-erlangen.de​​​​​​​

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