Ismar Boas-Preis für Dr. Lena Erkert

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DGVS-Präsident Prof. Dr. Heiner Wedemeyer überreichte die Urkunde des Ismar Boas-Preises an Dr. Lena Erkert. Foto: DGVS

Fachgesellschaft verleiht Promotionspreis für bahnbrechende Forschung zur Rolle von Proteinen bei Darmerkrankungen

Die Deutsche Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten e. V. (DGVS) hat Dr. Lena Erkert mit dem renommierten Ismar Boas-Preis ausgezeichnet. Der mit 5.000 Euro dotierte Preis wird jährlich für herausragende Dissertationen auf dem Gebiet der Verdauungs- und Stoffwechselerkrankungen vergeben. Lena Erkert arbeitet als wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Medizinischen Klinik 1 – Gastroenterologie, Pneumologie und Endokrinologie (Direktor: Prof. Dr. Markus F. Neurath) des Uniklinikums Erlangen im Labor von Prof. Dr. Christoph Becker. Die Auszeichnung erhielt sie für ihre wegweisende Forschung zur Rolle von Proteinen, die ursprünglich mit neurodegenerativen Erkrankungen des Gehirns in Verbindung gebracht wurden. In ihrer Studie konnte Dr. Erkert jedoch belegen, dass diese Proteine eine entscheidende Rolle bei der Aufrechterhaltung der Homöostase des Darms spielen, also des Gleichgewichts der Körperfunktionen im Darm. Diese bahnbrechenden Ergebnisse könnten neue Ansätze für die Behandlung von chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen (CED) liefern.

Von chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen sind weltweit etwa sechs bis acht Millionen Menschen betroffen, allein in Deutschland handelt es sich um mehr als 400.000 Personen. Die zugrunde liegenden Ursachen sind nicht vollständig geklärt. Es wird jedoch angenommen, dass eine Kombination aus genetischen Faktoren, einer geschwächten Darmbarriere und Umwelteinflüssen, die die Zusammensetzung des Mikrobioms verändern, eine übermäßige Immunantwort auslöst. Aktuell lassen sich CED noch nicht heilen; die Therapie konzentriert sich auf die Kontrolle der Symptome. Allerdings sprechen bis zu 50 Prozent der CED-Patientinnen und -Patienten nicht auf die Behandlung an, und bis zu 40 Prozent derjenigen, die auf die Behandlung ansprechen, verlieren diese Fähigkeit im Laufe der Zeit wieder. Dr. Erkert entdeckte, dass sogenannte Preseniline – Proteine, die bisher vor allem mit neurodegenerativen Erkrankungen des Gehirns in Verbindung gebracht wurden – eine zentrale Rolle für die Funktion des Darmepithels spielen. Eine Beeinträchtigung dieser Proteine führt zu erheblichen Störungen der Nährstoffaufnahme, zu Barrieredefekten und Darmentzündungen. Da Lena Erkert auch in Gewebeproben von CED-Patientinnen und -Patienten eine Fehlregulation dieser Proteine nachweisen konnte, liefern diese Erkenntnisse mögliche Ansatzpunkte für zukünftige Therapien zur Behandlung von Menschen mit CED, die häufig unter Mangelernährung und Darmbarrierestörungen leiden. Die Forschungsergebnisse wurden in der wissenschaftlichen Fachzeitschrift „Gut“ publiziert (DOI: 10.1136/gutjnl-2023-331622).

Doktorvater Prof. Becker lobt die Arbeit von Dr. Erkert: „Die Verleihung des Ismar Boas-Preises würdigt die wertvollen Beiträge von Lena Erkert zur Forschung über chronisch-entzündliche Darmerkrankungen. Ihre Ergebnisse könnten einen bedeutenden Einfluss auf die zukünftige Behandlung dieser Erkrankungen haben.“ Prof. Becker, der auch Sprecher des Sonderforschungsbereichs/Transregio „Immun-Epitheliale Signalwege bei chronisch entzündlichen Darmerkrankungen“ (TRR 241) ist, betont außerdem: „Diese Forschungsarbeit und die damit verbundene Auszeichnung zeigen zudem das wachsende gesellschaftliche Interesse an gastrointestinalen Erkrankungen wie CED und unterstreichen die wichtige Rolle unseres Transregios bei der Aufklärung der Entstehung dieser Erkrankungen.“

Dr. Erkert erläutert, was ihr der Preis bedeutet: „Diese Auszeichnung ist für mich eine große Ehre und gleichzeitig eine Motivation, meine Forschung weiter voranzutreiben. Meine Arbeit hat gezeigt, wie entscheidend die Aufrechterhaltung der Darmhomöostase für die Gesundheit ist, und ich freue mich darauf, weitere therapeutische Ansätze, auch im Rahmen des TRR 241, zu erforschen.“

Über den Sonderforschungsbereich/Transregio 241

Der Sonderforschungsbereich/Transregio „Immun-Epitheliale Signalwege bei chronisch entzündlichen Darmerkrankungen“ (TRR 241) wird von der Deutschen Forschungsgemeinschaft gefördert. Er widmet sich der Erforschung chronisch-entzündlicher Darmerkrankungen wie Morbus Crohn und Colitis ulcerosa. Mit Standorten in Erlangen, Berlin, Kiel und Innsbruck vereint der TRR 241 Expertinnen und Experten der Gastroenterologie, der Immunologie sowie der Zell- und Molekularbiologie. Die Spezialistinnen und Spezialisten bündeln ihr Wissen in experimenteller und klinischer Forschung, um die molekularen und zellulären Mechanismen, die CED zugrunde liegen, besser zu verstehen. Die zentrale Hypothese des TRR 241 ist, dass eine gestörte Kommunikation zwischen dem Darmepithel und den Immunzellen des Darms maßgeblich zur Entstehung von CED beiträgt. Das Forschungsziel des Konsortiums ist es, durch seine spezialisierten und vielfältigen Forschungsansätze neue Therapieansätze zu entwickeln, die bei der Behandlung von CED eingesetzt werden können.

Über den Ismar Boas-Preis

Die Deutsche Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten e. V. möchte herausragende Promotionsarbeiten von hoher wissenschaftlicher Qualität würdigen und verleiht den mit 5.000 Euro dotierten Ismar Boas-Preis für exzellente Dissertationen. Ausgezeichnet werden Arbeiten, die sich mit der Ätiologie und der Pathogenese von Verdauungs- und Stoffwechselerkrankungen befassen. Der Namensgeber des Preises, Ismar Boas (1858–1938), war der weltweit erste Facharzt für Magen- und Darmerkrankungen und durch seine Initiativen maßgeblich an der frühen Etablierung und Weiterentwicklung der Gastroenterologie beteiligt. Seine Forschung beschäftigte sich intensiv mit der Pathophysiologie von Magenerkrankungen und dem Nachweis von verborgenem Blut in Stuhl und Mageninhalt.

Link zur Original-Publikation: DOI: 10.1136/gutjnl-2023-331622

Weitere Informationen:

Dr. Lena Erkert
09131 85-39530
lena.erkert(at)uk-erlangen.de

Originalbericht